Ferien, Urlaub? Nein, ich bin eindeutig nicht der Typ, der Urlaub macht. Und das liegt nicht daran, dass ich nicht arbeite und deswegen keinen Urlaub brauche. Es liegt auch nicht daran, dass ich keine geblümten Bermudashorts besitze. Kollektives Am-Strand-Liegen und Sich-das-Hirn-wegbraten-Lassen ist mir vielmehr einfach nur ein Gräuel.
Ich bin mir sicher, dass ich spätestens nach einem Tag vor Langeweile wahnsinnig würde. Aber die Geschmäcker sind halt verschieden. Ich für meinen Teil lebe lieber für die Arbeit und versuche, die verschiedenen Lebensbereiche, die zu einem zufriedenstellenden Dasein gehören, in den Alltag zu integrieren und mich nicht um die angenehmen Dinge des Lebens bringen zu lassen. Deswegen brauche ich auch nicht aufzubrechen, um, zeitlich begrenzt und von langer Hand geplant, andernorts jene Vergnügungen und Erlebnisse zu suchen, die ich sonst nicht habe. Für ein solches, für viele letztendlich durch zu hohe Erwartungen enttäuschendes Unterfangen fehlen mir einfach Zeit und Lust. Wobei ich mir eventuell ja noch das Argument Urlaub als Erholung oder Entspannung einreden lasse. Aber wie sich die Leute vorstellen können, woanders sei plötzlich alles und sogar sie selbst anders, ist mir ein Rätsel. Prinzipiell aber auch, wie sie zwei oder drei Wochen am Stück ihre Zeit unproduktiv konsumieren können. Mein Vater ging sogar so weit, „Fürs Übernachten Geld zahlen und zu Hause stehen die Betten leer?“ zu fragen, wenn das Thema Urlaub aufkam.
Ich bin Reisender, kein Urlauber
Wenn überhaupt, dann bin ich Reisender, kein Tourist, kein Urlauber. Und selbst da muss ich das „bin“ mittlerweile durch ein „war“ ersetzen. Im Moment habe ich durch die Neueröffnung des Paschas lediglich den berühmten „Koffer in Berlin“. Das reicht mir vollkommen. Meine letzten großen Ausflüge liegen schon etwas zurück. Nämlich bis zu Beginn meiner Selbstständigkeit mit gastronomischen Betrieben und Diskotheken. Da etwa hatte Matthias Claudius’ viel bemühtes „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen …“ auch für mich etwas Wahres. Nur dass ich bereits damals immer einen Schritt weiter gegangen bin. Denn ich hatte nach Reisen nicht nur viel zu erzählen, sondern auch immer etwas Neues in meinen Betrieben umzusetzen. Was aber primär daran lag, dass ich nicht wahllos irgendwohin gefahren bin, sondern mir gezielt gastronomische Hotspots ausgesucht und angesehen habe, um mir etwas abschauen zu können. Ich glaube, meine damaligen Mitarbeiter hatten schon jedes Mal Bammel vor meiner Rückkehr, so nach dem Motto „Jetzt kommt sicher wieder jede Menge Arbeit auf uns zu und alles wird neu“. Die unvermeidlich auf jede Reise folgenden Mitarbeiterbesprechungen waren sozusagen programmiert.
Natürlich habe ich das Sinnvolle auch mit dem Angenehmen verbunden. Wie etwa in Las Vegas, der einzigen Stadt, die ich nochmals besuchen möchte. Denn diese Stadt ist nicht nur was das Zocken anbetrifft, sondern auch gastronomisch nicht steigerbar, weder was das Entertainment anbelangt, noch in Bezug auf Innovationen oder die Atmosphäre. Geschweige denn, was mein Steckenpferd, das Thema Dienstleistung, betrifft.
Wir waren bestimmt 20- bis 30-mal in Las Vegas, es gehörte für meine Freunde und mich einfach zum Leben. Wäre das Rauchverbot nicht gekommen, würde ich sogar heute noch öfters drüben sein. Ich gehöre zu den Highrollern in Las Vegas. Zwar nicht die Summe der einzelnen Spiele betreffend, aber meine Ausdauer hat sich auch da bezahlt gemacht. Nachdem ich damals noch nicht gegolft habe und mir schon so viele Leute von den sensationellen Plätzen in Vegas vorgeschwärmt haben, möchte ich sogar in den nächsten ein, zwei Jahren nochmals rüber. Mit einer geilen Golf-Zocker-Partie und Privatjet, in dem man rauchen kann, und verbunden mit einem Besuch im Wynn, das ich noch nicht gesehen habe.
In meiner aktiven Las-Vegas-Zeit hatten wir das Glück, persönlichen Kontakt zu einem Casino-Europamanager zu pflegen. Und der ließ für uns sozusagen jedes Mal die Puppen tanzen. Egal ob wir auf das Hotelkonto mal 50.000 oder 200k Dollar einbezahlt haben, wir hatten immer den gleichen Komfort. Wir flogen First Class, hatten jeder zuerst im MGM und dann, als das Bellagio gebaut worden war, eben dort eine tolle Suite, manchmal sogar mit eigenem Restaurant, Limousinenservice, Butler… Es war alles frei, egal ob wir Dom Pérignon tranken oder im Gourmetrestaurant aßen – und das alles unabgängig vom Ausgang unseres Spiels. Einmal bekam ich bei meiner Abreise aufgrund meines Ratings sogar wieder Bargeld retour, obwohl ich meine 50.000 eingezahlten Dollar verzockt hatte. Eine Serviceleistung, die beinahe zum Wiederkommen zwingt. Aber auch eine Dienstleistung, wie sie in Las Vegas gang und gäbe ist.
Vorbild Las Vegas
Von Las Vegas Topservice gewohnt, tue ich mir mit heimischen Casinos oft schwer. Vor allem mit jenen in Deutschland, denn die haben überhaupt keine Ahnung von Dienstleistung. Lauter Blinde sind da unterwegs. In Österreich geht es ja noch. Normalerweise müsste es zur Croupier-Ausbildung gehören, ein Mal Las Vegas gesehen zu haben. Damit sie was lernen. Damit sie sehen, wie die das langweilt, wenn jemand 100.000 gewinnt, oder wie sie den Gast die Roulettekugel selbst schmeißen lassen. Nicht wie bei uns, wo sie dafür arbeiten, dass sie dich stier machen. Dabei wäre es so einfach. Denn die 100.000 stellt der Gast doch ohnehin am nächsten Tag wieder drauf. Aber nicht nur Croupiers, prinzipiell müsste jeder, der im Bereich Dienstleistung arbeitet, mindestens ein Mal in Las Vegas gewesen sein. Dort gibt es nur „Jawohl!“ und „Selbstverständlich!“. Dort sind einfach Profis am Werk, die vor allem eines im Sinn haben: nämlich das Wohl des Gastes.
Aber zurück zu den Las-Vegas-Reisen. Ich habe damals zwar dort auch gepokert, vor allem aber Funspielen, allen voran Seven Eleven, gefrönt. Das Geld, mit dem wir weggefahren sind, war meistens fort. Wir waren ja keine Berufsspieler, die wegen des Gewinns hingefahren sind, und schrieben das einbezahlte Geld auch von vornherein ab. Wir wollten sieben Tage Gaudi, super Stimmung und Spaß, waren bereit, den mitgenommenen Betrag auf den Kopf zu hauen – was uns dann meistens gelang.
Wobei es einmal passiert ist, nachdem wir ein bisserl heißgelaufen waren, dass wir die 50k, die wir dabeihatten, bereits in der ersten Nacht bis auf zwei-, dreitausend Dollar verspielt hatten. Mein Freund war betrunken und hatte es satt, wollte einfach ins Bett. Für mich ein Ding der Unmöglichkeit. „Wir haben 50k verzockt!“, sagte ich. „Mit dem Rest mache ich auf klein-klein beim Roulette mit System wieder Gewinn. Ich bleibe so lange sitzen, bis wir wieder aus dem Brand sind.“ Das hat er mir nicht abgenommen. Da waren Quicktables und ich war über lange Zeit der einzige Spieler, sodass ich mit abwechselnd 50 Dollar und 100 Dollar auf einfache Chance binnen 14 Stunden um die 30.000 Dollar wieder angeschafft hatte, als mein Freund wieder zu mir stieß. Nach weiteren zehn Stunden war ich dann sogar aus dem Brand. Erst dann, nach insgesamt 60 oder 70 Stunden, bin ich auf mein Zimmer. Da ist es mir das einzige Mal im Leben passiert, dass ich mich vor Übermüdung erst mal nicht getraut habe, mich hinzulegen. Ich hatte regelrecht Herzflattern. So was von überzockt war ich weder jemals davor noch danach. Zwölf Stunden später war ich wieder am Tisch. Und genau das ist das Feine an Las Vegas. Egal zu welcher Uhrzeit – du kannst dort immer alles machen. Das hat mich damals schon so fasziniert, dass ich es nun auch bei uns umsetze. Ich will dem Gast nicht vorschreiben, wann er Spaß haben kann. Egal ob er morgens um zehn dazu aufgelegt ist oder abends um sieben – im Pascha hat er 24 Stunden die Gelegenheit dazu.
„Go, German boy, go!“
Auch mein allerschönstes Zockerlebnis nahm in Las Vegas seinen Anfang. Wir waren lediglich zwei Tage in der Wüstenstadt und sind von dort weiter zu einer Luxuskreuzfahrt mit der Royal Viking Star aufgebrochen, die damals als teuerstes Schiff der Welt galt. Das werde ich nie vergessen. Wir hatten wieder mal alles verzockt – obwohl wir knapp 100.000 dabeihatten. Aber zuerst Las Vegas und dann das Casino an Bord… Irgendwie hatten wir keinen guten Lauf und in Costa Rica am Ende der Reise nur mehr 1500 Dollar in der Tasche. „Was wollen wir mit den Dollars“, haben wir uns gedacht, ging unser Flug zurück nach Frankfurt doch bereits am nächsten Tag in der Früh. Mit dieser Einstellung sind wir kurz vor Sperrstunde noch ins Casino im Hilton, um Seven Eleven zu spielen. Ich habe geworfen, mein Freund, ein Profi, gesetzt. Und zwar hat er immer das volle Programm daraufgestellt – wir hatten ja nichts zu verlieren, diese 1500 Dollar hatten wir bereits abgeschrieben. Da hat es richtig schön Geld gegeben. Es waren wohl die lukrativsten 30 Minuten meines Lebens: Mit den 1500 Dollar habe ich in dieser halben Stunde, die das Casino noch offen hatte, über 100.000 Dollar angeschafft. Der ganze Tisch hat auf mich gesetzt und 50 bis 60 Leute immer wieder „Go, German boy, go! Go, German boy!“ geschrien. Das Casino hat das 2,5 bis drei Millionen Dollar gekostet – für mich war es eine der geilsten Stunden meines Lebens. Wir waren nicht nur aus dem Brand, sondern haben auch die ganze Reise – 18 Tage volles Programm mit Kreuzfahrt und Co. – finanziert und sind mit null heimgefahren. Das war eine Sensation!
50.000er-Jetons ganz normal
Ein andermal wiederum sitze ich im VIP-Bereich des Bellagio und spiele Baccara oder Black Jack – ich kann mich nicht genau erinnern. Auf alle Fälle sitze ich da allein am Tisch und spiele abwechselnd mit 50- und 100-Dollar-Jetons. Hinter mir an der Bar eine Frau und zwei Männer. Nach einiger Zeit steht einer auf und setzt sich neben mich. Ein Schwarzafrikaner, leger gekleidet. Zuerst habe ich mir gar nichts dabei gedacht, als ich seinen Stapel gesehen habe. Er spielt ganz relaxed seinen Jeton, ich spiele einen Jeton… Bis ich dann bemerkt habe, dass er auch mit Fünfzigern spielt – allerdings Fünfzigtausender-Jetons. Ich dachte mir „Leck mich doch am A…“ und habe aufgehört, denn da hat es mir keinen Spaß mehr gemacht. Ich habe mich halt ein wenig hingehockt und ein bisserl zugeschaut. Erkannt habe ich ihn – als damals bekennender Nichtgolfer – trotzdem nicht. Erst der zuständige Manager hat mich aufgeklärt, dass ich mit Tiger Woods am Tisch gesessen war. Auch das ist typisch Las Vegas. Da vermischt sich Arm und Reich, jeder wird top behandelt und man ist nicht davor gefeit, plötzlich mit dem einen oder anderen Star am Tisch zu sitzen. Und das macht nun mal Spaß.
Abschließend kann ich nur sagen: Das Leben ist schön. Aber teuer. Man kann es natürlich auch billiger haben, nur dann ist es halt auch nicht mehr so schön. Aber wenn man Spaß haben will und Geld keine Rolle spielt – dann gibt es zu Las Vegas keine Steigerung. Oder, wie es Steve Wynn mal formulierte: „Las Vegas is sort of like how God would do it if he had money.“