Am vergangenen Wochenende lud die Spielbank Berlin zum Triple A Event # 18. Das € 250 + 25 No Limit Hold’em Deepstack Turnier zog Spieler aus dem ganzen norddeutschen Raum an. So verbrachte auch Tobias Berben ein Wochenende in der Hauptstadt und wie es ihm gefallen hat, lest Ihr in seinem Trip-Report.
Bereits seit über 20 Jahren fahre ich regelmäßig am Wochenende auf Turniere. Dabei bin ich mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich, aber immer wieder ist es anstrengend, oft spannend und meist sehr lehrreich. Am vergangenen Wochenende aber war vieles anderes als sonst, sehr vieles.
Das fängt damit an, dass das Spiel bei diesem Turnier ein anderes war als sonst. Denn eigentlich bin ich leidenschaftlicher Anhänger des asiatischen Brettspiels Go und fahre an meinen Wochenenden daher zu Go-Turnieren. Am vergangenen Wochenende aber war ich in Berlin nicht – wie üblich – zu einem Go-, sondern zu einem Poker-Turnier. Das bringt zwar einige ähnliche, aber auch gravierend andere Herausforderungen mit sich.
Ähnlich ist sicher, dass bei beiden Spielen die geistige Herausforderung, der geistige Wettkampf im Zentrum steht und man sich mit einem hohen Maß an Kondition und Konzentration den unterschiedlichsten taktischen wie strategischen Problemen zu stellen hat. Das ist nichts für schwache Gemüter, die sich am Wochende vornehmlich von einer antrengenden Arbeitswoche erholen wollen, vielmehr absolviert man einen geistigen Abenteuerurlaub, beim Go wie beim Turnierpoker. Wer allerdings ein Pokerturnier wie einen Boxkampf begreift, hat dann meist frühzeitig Gelegenheit, alternativen Aktivitäten nachzugehen. Man muss rechnen können, bei beiden Spielen. Und am besten rechnet man viel, ständig und immer wieder, bis der Kopf raucht. Und beim Go wie beim Pokern darf man über die einzelne Auseinandersetzung nicht das große Ganze aus den Augen verlieren – man kann nicht immer gewinnen, muss auch nachgeben können und an anderen Stellen angreifen, zwischendurch Stärke aufbauen und irgendwann unerwartet zuschlagen, sich im richtigen Moment zurückhalten oder auch mal das eigene Heil in der Flucht suchen. All das geschieht mit dem Blick darauf, durch taktisch kluges Verhalten und ein sinnvolles stategisches Gesamtkonzept am Ende als Sieger dazustehen, abgekämpft, aber glücklich!
Glück ist nun aber auch das Stichwort für den großen Unterschied, den man bei einem Turnierwochende beim Pokern gegenüber einem Go-Wochenende erfährt. Gemeint ist dabei nicht das Glück, dass sich als Gefühl bei der Erfüllung von Wünschen einstellt. Das erfährt man gleichermaßen bei beiden Spielen. Gemeint ist das Glück des positiven Zufalls, dessen Gegenstück nicht das Unglück, sondern das Pech ist. Beide zusammen darf der mathematisch geschulte Pokerspieler in kühler Distanz Varianz nennen, in der Hoffnung, so nicht zu sehr an der dunklen Seite der Varianz, also dem Pech, zu verzweifeln.
Diese Varianz gibt es beim Go nicht, denn Go ist gemäß Spieltheorie ein Spiel mit perfekter Information, bei dem jedem Spieler zum Zeitpunkt seiner Entscheidung jeweils alle Spielinformationen bekannt sind. Beim Pokern kennt jeder Spieler nur die eigenen Karten und hat keine Kenntnis der gegnerischen oder der zufällig noch kommenden Karten. Der Varianz kann ein Spieler bei jedem Spielzug mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitstheorie auf den Leib rücken, um seine Entscheidung anzupassen, aber nach der Entscheidung ist er dem Zufall gnadenlos ausgeliefert. Hat er dann Glück im Sinne der Varianz, ist zur Belohnung aber auch das Glück im Sinne des Gefühls der positiven Wunscherfüllung, also die helle Freude, besonders ausgeprägt. Das ist auch das besondere Salz in der Suppe eines Pokerturniers – hat man Glück, ist man besonders glücklich und geradezu erleichtert, dass das Pech nicht zugeschlagen hat. Beim Go ist man am Ende eher zufrieden mit dem eigenen Spiel oder eben unzufrieden wegen der eigenen Unzulänglichkeiten – denn auf die Varianz kann man Erfolg oder Missefolg beim Go nicht schieben.
Je mehr Hände beim Pokern gespielt werden, desto geringer ist bekanntlich der Einfluss der Varianz, weil Glück und Unglück sich auf Dauer ausgleichen und Qualität sich am Ende eben doch durchsetzt. Also ist für den geübten Turnierspieler eine der wichtigsten Disziplinen die Auswahl des richtigen Turnierfomats. Immer ist er auf der Suche nach einem guten Verhältnis von Startstack, Blindzeiten und Blindstruktur. Und da war das vergangene Wochendende ein Paradefall für die Möglichkeit des selbstbewußten Pokerspielers, sich mit den eigenen Fähigkeiten in die Arena zu wagen. Der Pokerfloor der Spielbank Berlin veranstaltete mit dem 18. Event seiner Tripple-A-Turnierserie nämlich mal wieder ein Deepstack-Turnier, dass seinem Namen alle Ehre machte und in Bezug auf das Preis-Leistungsverhältnis in Deutschland seinesgleichen sucht:
30.000 Chips zu Beginn, sogar mit einer Second Chance während der ersten drei Level abgesichert, verbunden mit Blindzeiten von 60 Minuten am ersten und 75 Minuten am zweiten und dritten Tag sowie eine Blindstruktur, die mit derjenigen einer EPT absolut vergleichbar ist, das sind Rahmenbedingungen, wie sie sich ein jeder Turnierspieler eigentlich nur erträumen kann. Dazu kommt noch das angenehm bezahlbare Buyin von 250 + 25 Euro, das auch bei Inanspruchnahme einer Second Chance nicht nur für Profispieler und solche, die sich dafür halten, bezahlbar ist. Und dabei waren in der Gebühr freie Softdrinks über drei Tage und ein kostenloses Essen jeweils am frühen Abend mit enthalten. Eigentlich erstaunlich, dass diese Turnierserie trotz dieser sehr guten Rahmenbedingungen bemerkenswert unbekannt in der bundesdeutschen Pokerwelt ist!
Blindstruktur von EPT und Trippel A im Vergleich
Trotzdem fanden sich stolze 208 Spieler an den beiden ersten Starttagen im 1. Stock der Spielbank Berlin ein und kämpften bei niedrigen Blinds zunächst eher wie Cashgame-Spieler gegeneinander – so gab es mehrfach getötete Asse, die in wundersam verstärkte, niedrige One-Step-Connectors liefen. Ich selbst hatte zwar einige gute Hände, bekam aber leider keine einzige von ihnen auch nur ansatzweise ausbezahlt, egal ob ich die Hand aggressiv, langsam oder ansatzweise trickreich vorzutragen versuchte. Ein kleiner Suckout mit AQs gegen TJo bei einem Board mit Flushdraw für mich führte dazu, dass ich gegen Ende des ersten Tages short war. Mit KK bekam ich dann zwar noch auf einem niedrigen Rainbow-Board ein Allin auf dem Flop hin, aber der andere Spieler hatte leider auch KK. Das Pech kann beim Pokern ganz unterschiedliche Gesichter haben.
Das Hauptfeld, dem ich zu Beginn von Tag 2 deutlich hinterher hechelte, freute sich über eine kompfortable Chipaustattung. Noch am Ende des zweiten Tages, auf der Bubble, mit 26 Spielern, betrug der Average Stack über 65 Big Blinds. Das erlebte ich aber leider schon lange nicht mehr, da ich bereits in der dritten Hand des zweiten Tages mit 99 meine verbliebenen Chips in die Mitte stellte, einen Call mit AK vom Big Stack am Tisch bekam und ein A auf dem Flop alle Hoffnungen beerdigte. Finito! Viel zu früh! Aber trotzdem war ich zufrieden mit einem Turnier, bei dem man viel Zeit hatte zum Pokern, zum spannenden Spiel nach dem Flop, zum Erzählen von Geschichten, zum Schwitzen, Glück haben und Fluchen über böse Suckouts – ohne gleich einen halben Kleinwagen als Buyin hinblättern zu müssen wie bei der EPT.
Der Average Stack lag zur Bubble noch über 65 Big Blinds
Allerdings konnte ich noch weiter mitfiebern, denn eine dreißigprozentige Beteiligung bei einem befreudeten Hamburger Spieler ließ mich für das Wochenende zumindest noch auf einen finanziellen Erfolg hoffen. Für den restlichen Samstag aber bot mir als Turnierspieler die Spielbank Berlin leider keine Alternative zum Zeitvertreib an, da die regulär für diesen Tag ausgeschriebenen Turniere ausgesetzt wurden – einige der Ausgeschiedenen hätten gerne daran teilgenommen. So spielte ich alternativ ein kleines Sachpreisturnier in der Pokerlounge Berlin, das ich dann parallel zum Championsleague-Finale gleich noch gewinnen konnte. Mit einer Spielekonsole als erstem Preis durfte ich zufrieden feststellen, dass mir bei schlechteren Bedingungen bezüglich Startstack, Blindzeiten und Blindstruktur zumindest das Glück noch hold war. Für den kleinen Geldbeutel und einen entspannten Abend, der nicht viel kosten soll, sei die Beliner Pokerlounge in der Manfred-von-Richthofen-Strasse wärmstens empfohlen, denn mehrere Stunden Pokern für 20 Euro ist bestimmt spannender und befriedigender als so mancher Kino- oder Konzertbesuch.
Auch einen Besuch wert ist die Pokerlounge Berlin
Im Casino platze derweil am Samstag noch spät in der Nacht die Bubble, so dass nur die 24 Spieler in den Geldrängen am Sontag zum abschließenden Aufeinandertreffen antreten mußten, um einen Preispool von insgesamt 52.000 Euro unter sich aufzuteilen – einen stolze Summe bei einem Buyin von nur 275 Euro. Zum Glück war „mein Pferd“ noch dabei! Es war das erste Mal, dass ich mich bei einem anderen Spieler vor dem Turnier für eine Beteiligung am möglichen Preisgeld eingekauft hatte und es sollte gleich von Erfolg gekrönt sein, auch das nennt man wohl Glück.
Gute Auszahlung beim Tripple-A-Event in Berlin
Im dritten Akt am Sonntag kämpften die verbliebenen Spieler noch über fast sieben Stunden lang, bis der Final Table dann am späten Abend feststand. Ich war mittlerweile schon wieder nach Hamburg zurückgereist, wurde aber über mein Smartphone ständig auf dem Laufenden gehalten: „300k. 16 Spieler noch. Avg ist 390k“, „600k. Mit Quads verdoppelt“, „1,3 Mio., 10 Leute noch, Chipleader :-)“, dann spärlicher, weil noch konzentrierter „Ft, 1,4 Mio.“, „9/1,5“, „8/1,4“ und „7/1,4“.
Spät in der Nacht, bei sieben verbliebenen Spielern musste dann die Spielbankleitung die Blindzeiten auf 45 Minunten heruntersetzten, um das Turnier noch zu Ende zu bringen. Da mein Freund immer noch dabei war, konnte ich bereits eine Refinanzierung des gesamten Turnierwochenendes über diese Beteiligung erwarten und mich über meinen guten Riecher freuen. Zwar erreichte mich zwischendurch noch ein furcheinflößendes „7/0,7“, bald aber gefolgt von „6/1,6 ;-)“, „5/1,4“ und um 3 Uhr in der Frühe vom erlösenden „Deal mit 4 Leuten“. Am Ende teilten also die letzten vier Spieler das verbliebene Preisgeld annährend nach Chipstand unter sich auf und ich konnte über meinen Anteil einen Betrag einstreichen, als ob ich selbst mit am Final Table gesessen hätte. Bingo!
Insgesamt bekommt die Veranstalung und der Pokerfloor Berlin von mir die Bestnote: Tripple A! Negativ war eigentlich nur eine verlorene Anmeldeliste am Anfang von Tag zwei, die aber keine unschönen Folgen hatte, da alle Wartenden doch noch spielen konnten, weil kuzerhand gegen Ende der Second-Chance-Phase ein elfter Tisch aufgemacht wurde. Verbesserungswürdig ist in meinen Augen allein das Pokerangebot für den zweiten Tag. Hier sollte für die ausgeschiedenen Turnierspieler, die teilweise weit angereist sind, ein Sideevent angeboten werden, damit man die angenehme Atmospähre des Berliner Pookerfloors nicht schon zu früh wieder verlassen muss.
Tobias Berben