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Matthias Brandner im Interview: Badugi badauz

Wer Matthias Brandner für den Inhaber eines Mittersiller Massageinstituts oder für einen Berliner Kunstarchitekten hält, muss beim Googeln ein wenig runterscrollen. Das könnte sich bald ändern, zumindest wenn man dem Gespür und der gut geölten Marketing-Maschine von PokerStars vertraut. Interview mit einem jungen Mann, der gerade einen Sponsoringvertrag unterzeichnet hat – und der somit, ohne es jemals anzustreben, geschafft hat, wovon zigtausende Grinder hinter ihren PCs so gerne träumen.

Schauplatz Hotel Le Méridien, Opernring 13, Meeting Raum „Smooth Beige“. Beige ist hier farblich rein gar nichts und smooth stellt man sich irgendwie auch anders vor. Dafür stehen Wasserkaraffen fein säuberlich am Tisch und dahinter prangt eine sehr ordentlich aufgebaute PokerStars/EPT-Werbewand. Für den Aufwand, einen Fotografen bei zu ziehen, reichen weder das Raum-Ambiente noch die Strahlkraft des Namens Brandner.

Als der 22-Jährige das Zimmer gemeinsam mit seinem neuen, rein physisch ungleich größeren PokerStars Manager betritt, scheinen sich auch gleich alle gängigen Online-Klischees zu erfüllen. Hager, blässlich im Gesicht, schüchtern auf den ersten Blick, Informatiker-Look. Na bitte. Jetzt noch ein bisschen Autismus? Error, komplette Fehlanzeige!

Matthias_BrandnerMB: Wohin darf ich mich setzen?

PF: Wohin Du magst. Also: Du bist eines der neuesten Gesichter im Team PokerStars Online. Unglaublich spannend, oder? Aufgeregt?

MB: Na ja, geht so.

PF: Eine entspannte Antwort für jemanden, dem vor wenigen Wochen etwas passiert ist, wovon Tausende Online-Spieler nur träumen können und der damit fraglos zur „Very Important Person“ in der heimischen Pokerszene geworden ist. Oder täuscht das?

MB: Nein, täuscht nicht. Es wird sich ja auch nicht so viel für mich ändern.

PF: Ok, alles der Reihe nach. Erzähl doch mal bitte, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Denn es gibt wohl einige, die sich nägelbeißend die Frage stellen: Wie, verdammt, wird man gesponsertes PokerStars Mitglied?

MB: PokerStars hat Ende 2013 ein Email an alle Supernova-Spieler geschrieben. Mit einem Link, der auf ein Formular verwiesen hat, in das man kurz und bündig die wichtigsten persönlichen Daten eintragen sollte. Das kam eher wie ein Werbemail daher und ich habe es halt in 20 Minuten ausgefüllt, ohne mir dabei etwas Besonderes zu denken. Rund zwei Monate später kam ein Mail von meinem jetzigen PokerStars Manager Chris, dass ich in der engeren Auswahl von zehn Leuten sei.

PF: Das war aber schon ein Hammer, nehme ich an? Wie ging es weiter?

MB: Sagen wir, ich war positiv überrascht. Es folgten Telefongespräche via Skype, wo mir PokerStars Angebote zur Zusammenarbeit unterbreitet hat und ich meine Wünsche und Erwartungen deponiert habe.

PF: Du hast Deine Wünsche deponiert?? Solltest Du nicht knieweich einfach nur „Ja bitte“ hauchen?

MB: Dann war wieder rund ein Monat Pause und Ende Jänner kam die Nachricht, der Deal steht. Es folgte ein offizieller Vertrag, der seit Mitte Februar 2014 aktiv ist.

PF: Jetzt aber ein Jubelschrei, oder? Ein kleiner wenigstens.

MB: Ich habe mich gefreut. Es war am Ende schon aufregend und spannend.

PF: Na immerhin. Ich gehe mal davon aus, die Details des Vertrags sind verschlossene Geheimsache.

MB: Es ist halt ein Sponsoring Abkommen, wie man sich vorstellen kann. Ich bekomme online Buyins bezahlt, bin auf die Reisekosten für das jährlich stattfindende PCA-PokerStars Meeting eingeladen und wurde zum Beispiel auch für das Main Event bei der EPT in Wien aufgestellt. Im Gegenzug muss ich Online Präsenz zeigen, bloggen, twittern und PokerStars repräsentieren.

PF: Und Interviews geben!

MB: Ja, heute sind es fünf davon.

PF: So einen Vertrag würde ich auch unterschreiben. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Man grindet sich in den Supernova Status, antwortet auf ein Mail, skypet ein bissl und schon wird man dafür bezahlt, was man ohnehin am liebsten macht. Aber so einfach wird es wohl nicht sein. Woran lag es Deiner Meinung nach, dass ausgerechnet Du ausgewählt wurdest?

MB: Der entscheidende Punkt ist, dass ich ein Spezialist für eine Randspielart im Pokern bin. Ich habe den Fokus auf Badugi gelegt. Das scheint PokerStars interessiert zu haben.

PF: Badu-was? Nein im Ernst. Die Leser und ich wissen, was Badugi ist, also wenigstens ungefähr. Aber wie kommt man darauf, sich für dieses Spiel zu entscheiden?

MB: Ich habe mit 18, also vor vier Jahren, angefangen mit Playmoney zu spielen und dabei eine riesige Bankroll aufgebaut, die ich schließlich verkauft habe. Dann begann ich mit NoLimit Holdem auf den Micro-Blinds. Aus purer Neugierde habe ich die Lobby eines Pokerraums durchstöbert, auf der Suche nach Spielvarianten. Da bin ich auf Badugi gestoßen. Und es hat mir sofort gefallen. Mittlerweile spiele ich von $10/20 aufwärts bis $100/200. Ist einträglich und macht nach wie vor Spaß.

PF: Was wird sich für Dich als PokerStars Team-Mitglied im Poker-„Arbeits“-Alltag ändern?

MB: Nicht wirklich viel. Habe schon bisher gebloggt. Und ich musste für den Vertrag auch nicht meine Seele verkaufen. Aber ich habe jetzt einfach die Chance, Badugi in der Öffentlichkeit besser zu repräsentieren und bekannt zu machen.

PF: Um Frischfleisch für Dein Spiel zu organisieren, in dem Du offenbar Meister bist.

MB: Es ist kein Geheimnis, dass man dort spielt, wo man seine Edge vermutet. Sonst kann man sich das Spiel ja nicht leisten.

PF: Du wirst also jetzt den Weg eines Pokerprofis einschlagen, der Tag und Nacht vor seinem PC sitzt und sich vor Mäusen nicht fürchtet?

MB: Mal sehen, nicht unbedingt. Ich betrachte mich als Hobby Spieler, weil Pokern ein Hobby ist – in dem Sinne, als dass es Spaß macht. Außerdem studiere ich Informatik, Psychologie und Philosophie mit Lehramt. Vielleicht werde ich also Lehrer.

PF: Na dann viel Erfolg und vor allem Spaß. Was ich in diesem Gespräch gelernt habe: Supernova ist kein Synonym für Autismus. Und man kann ehemalige Supernova-Grinder später ruhig auch mal auf Kinder los lassen. Eine neue Erkenntnis. Badauz!
Letzte Frage: Wenn man Deinen Namen googelt, kommt zuerst ein Künstler und dann ein Massageinstitut. Wann wird der Pokerspieler auf Platz 1 stehen?

MB: Bald. Ziemlich sicher.

 

Von Christian Lenoble


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