„Illegaler Pokermarkt explodiert“, so der Titel der aktuellen Studie von Branchenradar, einem führenden Marktforschungsinstitut, über den österreichischen Pokermarkt. Wenig überraschend, aber wo bleibt die notwendige Konsequenz?
In schlechten Wirtschaftszeiten erlebt das Glücksspiel eine Hochzeit. Das ist bekannt und zeigt sich aktuell in den Rekordumsätzen in den Casinos weltweit. Onlinepoker erlebt eine Renaissance fast wie vor dem Black Friday und während die Staaten nach und nach sich um eine entsprechende Regulierung kümmern, folgt man in Österreich wieder der beliebten „Schau ma mal“ Strategie.
Oft wird auch mir vorgeworfen, ich kritisiere Casinos Austria für das nicht ausreichende Angebot. Man bemüht sich, jedes Casino mit den Pokermanagern, sei es im täglichen oder Event-Angebot. Aber der Rahmen der Möglichkeiten ist beschränkt und dafür habe ich sicherlich mehr Verständnis als die vielen, die vielleicht sogar bei Casinos Austria spielen, aber kein gutes Haar am Angebot lassen. Man erreicht schnell Grenzen. Den Teil mit „es geht halt unter den gegebenen Umständen nicht anders“, überhört und übersieht man dabei. Das System (die Gesetzgebung) ist zu kritisieren, denn das Glücksspielwesen hat sich in den letzten 20 Jahren so drastisch geändert, dass es auch einer massiven Änderung in der Denkweise über das Pokerangebot bedarf.
Verglichen mit Deutschland, wo es für den riesigen Markt ein noch viel kleineres Angebot gibt, sind wir in Österreich hoch weise. Verglichen mit der kleinen Schweiz schon fast wieder armselig, auch wenn dort auch nicht alles Gold ist, was glänzt. Über dem aufblühenden Pokermarkt in Liechtenstein hängt das Damoklesschwert der Schweizer Sperrliste, die dann auch die Schweizer Pokerspieler für größere Events ins ferne Ausland bringen wird.
Die Österreicher wurden nicht aus dem Pokerparadies vertrieben, man hat ihnen das Paradies einfach weggenommen und genau das erreicht, was man mit der eigentlichen Gesetzesänderung, die Poker außerhalb der konzessionierten Casinos untersagt, verhindern wollte – alle spielen illegal oder im Ausland. Dazu muss man keine Studien durchführen, sondern einfach nur mit Pokerspielern reden.
Auch die regelmäßigen Casinos Austria Besucher und win2day Spieler spielen großteils nicht ausschließlich legal. Besonders hart trifft es die Turnierspieler. Waren es alleine in Wien jedes Wochenende mindestens 500 Spieler an den Tischen (ohne besonderes Event), so hat man jetzt freitags ein Turnier im Casino Baden mit ca. zehn Tischen im Angebot. Mengenlehre steht schon in der Volksschule auf dem Lehrplan – das geht sich halt einfach nicht aus. Räumlich und personell ist dann einfach nicht mehr möglich. Was bleibt dem Turnierspieler – der Weg ins Ausland.
Oder man pfeift aufs Turnierspielen und geht eben Cash Game spielen. Aber auch hier stößt man schnell an die Grenzen und das Angebot für den Freizeitspieler, der sich einfach unterhalten will, ohne ein finanzielles Risiko eingehen zu müssen, ist quasi nicht existent. An einem Freitag gab es früher in Wien und Umgebung sicher 40-50 Cash Game Tische, gut Dreiviertel davon maximal als € 1/2 NLH oder € 2/2 PLO gespielt. Wohin sind diese Partien und Spieler verschwunden? Zu sagen „Wer es sich nicht leisten kann, im Casino zu spielen, soll gar nicht spielen.“ ist definitiv der falsche Weg, viele dürfen aufgrund starrer, aber nicht unbedingt zielführender Spielerschutzmaßnahmen gar nicht ins Casino. Was noch trauriger ist – die Rechtslage macht es win2day und den Casinos Austria noch verkorkst schwer und so gibt es schon seit Monaten keine Online Satellites mehr für die Live-Events. Man kann nicht einfach den Casinos die Schuld an der Situation geben, es sind viele Umstände, die zu einem suboptimalen Konstrukt führen.
Dass der Wildwuchs der Cardrooms, die mangelnde Kontrolle in allen Bereichen und die sehr kreativ gestalteten Beschäftigungsmodelle den Gesetzgebern ein Dorn im Auge waren, ist nachvollziehbar. Aber das Experiment, dass der aktuell einzige legale Pokeranbieter Österreichs der Nachfrage nur annähernd gerecht werden könnte, ist gescheitert. Zu dem Ergebnis würden sogar die Stimmenauszähler der SPÖ Wahlkommission im ersten Anlauf kommen.
In der Schweiz hat es zehn Jahre gedauert, um das Geldspielgesetz Realität werden zu lassen (mit all seinen Schönheitsfehlern), in Deutschland wird der Glücksspielstaatsvertrag vermutlich auch schon in die Verlängerung gehen, bis alle administrativen Wege geebnet sind. Aber man macht zumindest etwas. Die (Finanz)Polizei ist ausgelastet genug, um sich um tatsächliche Rechtsübertretungen zu kümmern. Illegale Pokerrunden jagen könnte man ganz leicht von der Agenda nehmen. Die Sommerpause des Parlaments steht schon wieder an und wer weiß, ob denn im Herbst wirklich neue Glücksspiellizenzen ausgeschrieben werden. Das aktuelle Gesetz bedarf einer massiven Überarbeitung und Anpassung, um den österreichischen Glücksspielmarkt in eine moderne Zukunft zu bringen. Die Pokerspieler haben die Zeit nicht. Es hilft nicht, über mögliche Lizenzen zu diskutieren und diese in einem langwierigen Verfahren auszuschreiben. Es ist jetzt Aktion gefordert, nicht irgendwann.
Ja, Aleatrust mit Niklas Sattler, Johnny Lütkenhorst und Paul Vogel, hat sich schon klar „Pro Poker“ positioniert und wartet nur darauf, loslegen zu können. Auch andere haben Ambitionen, gehen damit aber weniger öffentlich um. Fakt ist aber, dass es einige gibt, die fertige Konzepte in der Schublade haben. Kann die Regierung nicht einmal einen sinnvollen Ausschuss zusammenstellen, der sich im Eilverfahren mit dem Problem auseinandersetzt? Wir leben in einer „wir haben für alles Verständnis“ Welt, irgendjemand kann doch bitte mal auch die Pokerspieler verstehen. Die Poker Community will wieder legal pokern, wie man es gewohnt war. Im Pokerparadies Österreich.