Die krankhafte Sucht, abseits des normalen Lebens viel Geld zu verlieren. Die krankhafte Fixierung, immer und immer wieder mit fremden, sehr oft unsympathischen Menschen des gleichen Geschlechts an einem unförmigen Tisch zu sitzen. Die ungesunde Sucht nach Erniedrigung, nach Schmerz. Die ambivalente Sehnsucht, von Fischen verprügelt zu werden.
Auch mein Arzt hat mich gestern krankgeschrieben. Auch er erkennt die Symptome der erwiesenen, klinisch nachgewiesenen neuen Volkskrankheit, die sich langsam, aber sicher und stetig in die gesellschaftliche Mitte eingeschlichen hat. Eine Modeerscheinung wie Burn Out, offene Schienbeine, jeglicher Art von Geschlechtskrankheiten und Entzündungen der Brustwarzen durch selbsteingehämmertes Piercing. Leidvolle Verdrängung objektiver Perspektiven jeglicher individueller Anschauung und Wahrnehmung sind die Spätfolgen.
Dagegen hilft nichts. Gar nichts. Sagt die Gesundheitsbehörde. Und sagt Lederer.
Selbstheilende Kräfte sind nicht bekannt. Im Gegenteil, durch leicht zu erreichende Erfolge im minimalistisch kleinen Bereich verschlimmert sich die Sucht aufs Neue. Und gegen das Pokern gibt es leider keine Nikotinpflaster gegen das Passivrauchen.
Aber es betrifft nicht nur die Spieler; und die, die sich dafür halten. Vor allem die Kollegen der über Poker schreibenden Zunft hat es erwischt. Hier helfen schon keine Salben oder rektal eingeführten Tabletten mehr; sie allesamt suchen ihren Trost in illegalen Rausch- und Hilfsmitteln. So soll Gerüchten zufolge in ganz Wien derzeit kein Klebstoff mehr käuflich erwerbbar sein.
Und natürlich ist der Alkoholismus unter den Kollegen weit verbreitet. Auch wenn es wie Herr S. aus H. manchmal ein homoerotischer Prosecco ist. Prösterchen. Obwohl – so wird das mit dem offiziellen Gartenbach-Double nichts.
Ja, wir alle haben es nicht leicht. Weder die Fergusons und die Knosallalas dieser Welt, und schon gar nicht wir, die wir darüber berichten dürfen. Darüber schreiben müssen. Ich hätte wirklich besser in der Schule aufpassen und was Anständiges lernen sollen.
Heute abends laufen übrigens wieder die Golden Girls. Dazu fällt mir ein, ich werde dem Richard Gere der Pokerszene; dem Thomas Lamatsch; wohl in den nächsten Tagen meine Freundschaft kündigen. Er hat mir immer noch nicht die versprochene Französin vorgestellt.