Kolumnen

Abenteuer Las Vegas! – Teil 2

Ein Tisch mit sieben unterschiedlichen, lustlosen Typen, die ihren Nachtflug noch immer nicht beendet haben, ist noch am laufen. Entgegen meines ersten Eindrucks sind die Herren doch mehr oder weniger unterhaltsam und noch viel besser: es ist lukrativ. Einen großen Anteil trät Jeff, ein skurriler Amerikaner Mitte Dreißig, seines Zeichens „Awardwinning Tattoo Artist“, wie er uns immer zwangsinformiert, dazu bei. Seine Haare sind zum Irokesen geformt, und die Haut die sein mit giftigen Schweiß getränktes Muskel Shirt frei gibt, ist mit verschiedenen seltsamen Kunstwerken überseht. Immer wieder greift er zu seinem Flachmann und genehmigt sich einen kräftigen Schluck daraus. Seinem unter Schlafentzug und Alkohol leidendem Gehirn entsprechend, unterhält er sich bizarr und bruchstückhaft, und so spielt er auch. Final verliert er seine ungefähr restlichen 200 Dollar mit Q10 gegen AQ, leider nicht an mich, aber wenigstens an meinen Freund. Erwähnenswert wäre auch noch Bob, der mit seinen bestimmt 85 Jahren und fragwürdigem Spiel seine Rente unter die Leute bringt. Mit einem Plus und plagendem Hunger beende ich mein erstes amerikanisches Pokererlebnis.

Gestärkt durch ein ausgiebiges amerikanisches Frühstück bei Dennys ist erst mal Powershopping angesagt. Mit einem Zwischenstopp bei Freys, einem riesigen Elektrofachhandel, geht es weiter zum 30 Meilen entfernten Outletmall nach Primm. Hier werden Konsumträume wahr! Geschäfte wie: Guess, Nike, Quicksilver, Tommy Hilfiger, sowie viele weitere Marken reihen sich aneinander und bieten, nicht zuletzt durch den guten Wechselkurs, wahrhafte Schnäppchen. Natürlich animiert das hilfsbereite, motivierte Verkaufspersonal regelrecht, indem es einem, sobald man nur einen Fuß in die Tür gesetzt hat, mit breitem Kommerzlächeln begrüßt, permanent um einen rumschwirrt, ungefragt seine Meinung zum Objekt der Begierde äußert, und natürlich notfalls eine Alternative bereit hält. Schön, aber trotzdem gewöhnungsbedürftig für Jemanden, der aus der Servicewüste Deutschland kommt. Meinen Abend lasse ich mit wenig Skillgame an den zahlreichen Spielautomaten in der Hotelhalle ausklingen.

Ein neuer hoffnungsvoller Tag hat begonnen: ich stehe im Ceasars Palace und bestaune die beeindruckenden naturgetreuen Nachbauten hellenistischer Baukunst und jage, neben mehr als 350 Spielern dem Turniersieg im klassizistischen Ambiente an Tisch 15 auf Platz 5 des 340 Dollar Deepstackturnier, hinterher. Zwei junge Asiaten sorgen von Anfang an für viel Action. Jede Bet wird von den beiden prinzipiell überboten. Nach kurzer Zeit steht für mich der Umkehrschluss fest: je weniger sie auf der Hand halten, je mehr betten sie. Das haarige Gesicht meines Nachbarn kommt mir irgendwie bekannt vor, und weil ich es aber nicht einordnen kann woher, wende ich mich direkt, fragend nach seinem Namen, an ihn. „Eskimo“! erfahre ich. An ihn verliere ich leider in einer Battle oft the Blinds ungefähr ein Drittel meiner Chips. Eskimo limpt im Small Blind und mit J,10 off erhöhe ich um das Dreifache. Er zahlt nach und auf dem Flop von J,10,4 möchte er einen kostenfreien Turn sehen, was ich mit einer Kontibet in Höhe von zwei Drittel verhindere. Eskimo bezahlt geforderte Summe und wir bekommen eine kleine nette, weitere 4 zu sehen. Wieder wird von Eskimo gecheckt, und irgendwie gefällt mir weder die 4, noch das süffisante Lächeln hinter Eskimos Bart, welches ich zu entdecken glaube. Deswegen checke ich hinterher. Der River bringt eine 2, die weder mir, und wohl auch nicht meinem Rivalen weitergeholfen hat. Diesmal bettet er ein Drittel Pot – die Alarmglocken läuten Sturm, aber ich überhöre sie und bezahle. Meine Two Pair verlieren gegen sein Vierer Set! Glücklicherweise zahlt, bevor unser Tisch aufgelöst wird, einer der aggressiven Asiaten meine Könige komplett aus! Mein neuer linker Nachbar ist diesmal ein Bracelet Gewinner aus älteren Zeiten: Kevin Song!
To be continued ….


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