Die beiden Coronajahre 2020 und 2021 waren für die Live-Pokerspieler eine Herausforderung. Wenig verwunderlich, dass nach anfangs zögerlicher Planung Live-Poker 2022 stärker zurückkam und viele Rekorde aufgestellt wurden.
Immer wieder heißt es, der Pokerboom sei vorbei. Vielleicht ist der Hype um das Spiel nicht mehr ganz so groß, aber Pokerspieler gibt es mehr als je zu vor. Es gibt aber auch ein sehr viel größeres Angebot als noch vor 20 oder 15 Jahren. Selbst in den Hochzeiten in den frühen 2010er Jahren gab es keine so große Auswahl. Gebremst wird der neue Pokerboom eigentlich überwiegend durch die Personalsituation, denn der Arbeitskräftemangel hat auch vor der Casinobranche nicht Halt gemacht. Es gibt zwar wieder viele Freelance Dealer für die ganz großen Events, aber vor allem bei den Studenten-Nebenjobs in Deutschland oder auch den fix angestellten Croupiers mangelt es, was sich hier dann leider auch im Pokerangebot niederschlägt. Zwei große Veränderungen während Corona haben die Pokersituation in Deutschland auch nicht verbessert – WestSpiel wurde von den Merkur Spielbanken übernommen und damit das Pokerangebot sehr reduziert und die Spielbank Berlin brauchte für den Umbau viel länger als geplant. Am Marlene-Dietrich-Platz wird es aber bald wieder ganz viele Pokerturniere geben. Die wenigen Events wie zum Beispiel in den Casinos in Schenfeld, Hannover, Aachen oder auch Wiesbaden waren aber allesamt sehr gut besucht bzw. ausverkauft.
Von Deutschland abgesehen – es war ein wirklich grandioses Pokerjahr. In den ersten Monaten des Jahres war man noch sehr vorsichtig, teils gab es auch noch Corona-Einschränkungen. So wurde die CAPT Seefeld zum Beispiel schon mittags gestartet, weil um Mitternacht Sperrstunde war. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, im Gegenteil – auch wenn einige der Regulars nicht mit dabei waren, es gab täglich volle Tische und auch beim € 2k Main Event kam man auf 182 Entries. Generell konnten die Casinos Austria einige Male über volle Häuser jubeln. Dazu gehörte vor allem auch das neue Pokermania Format. Wie sehr die Live-Pokerspieler die Tische vermisst hatten, zeigte sich in der Premiere der Pokermania im Casino Baden. Zum Dreikönigsturnier kamen gleich 432 Entries und brachten das Pokerteam an die Belastungsgrenze.
Mehr als einmal gab es im Grand Casino Aš Ausnahmezustand bei den verschiedenen Community Events mit Felix „xflixx“ Schneiders, den Herzdamen oder auch den Bounty Hunter Days. Bis unters Dach war es manchmal voll – was auch ein wenig Unmut verursacht hat. Denselben Unmut gab es auch über die Begrenzung der Teilnehmerzahlen im King’s Resort Rozvadov, die wegen des Dealermangels notwendig waren. Bei einigen Events musste das King’s kräftig drauflegen, aber tatsächlich war es ein absolutes Rekordjahr für das King’s, was letztlich im großartigen Teilnehmerrekord bei der WSOP Europe gipfelte. Nicht nur bei den günstigeren Side Events, auch beim € 10k Main Event konnte mit 763 Entries eine neue Bestmarke gesetzt werden.
Einige Rekorde schrieb 2022 auch das Banco Casino Bratislava. Mit den polnischen Events in Zusammenarbeit mit Legalnypoker.pl bewies man schon viel Organisationstalent, um all die Tische und Spieler im Banco bzw. dem Crowne Plaza Hotel unterzubringen, gleich 3.967 Entries stürmten im Juni 2022 an die Tische. Gestürmt wurde aber auch bei der Premiere der Winamax Poker Open im September. Ganz ohne Preisgeldgarantien wurden die Events überrannt und mit 2.221 Entries beim € 500 Main Event ein neuer Preisgeldrekord für die Slowakei aufgestellt. Gleich danach sorgte die zweite Ausgabe von „The Festival“ mit € 500.000 GTD für die höchste Preisgeldgarantie, die mit 1.271 Entries noch deutlich übertroffen wurde.
Gestürmt wurden auch die PokerStars Live Events. Die „Road to PSPC“ Events ebenso wie die nationalen Touren und schließlich auch die EPT Events selbst. Nachdem die verschobene EPT Prag 2021 im März 2022 noch mit Coronaeinschränkungen bereits Rekordzahlen schrieb, wurden die Bestmarken nur neun Monate später bei der EPT Prag 2022 noch deutlich übertroffen.
Nicht zu vergessen ist dabei natürlich auch die WSOP 2022. Nicht nur dass es einen neuen Rekord an Bracelets gab, es wurden zahlreiche Rekorde gebrochen. Fast $348 Millionen an Preisgeldern wurden ausgespielt – und fast hätte man auch den All-time Rekord beim Main Event aus dem Jahr 2006 übertroffen. Mit 8.663 Teilnehmern war es aber das zweitgrößte Event in der 53jährigen Geschichte der WSOP.
Nicht zuletzt war da auch die World Poker Tour (WPT). In ihrer 20. Saison erfand sich die WPT neu, setzte auf deutlich weniger Events und wurde mit einem sensationellen Abschluss bei der neuen WPT World Championship im Wynn belohnt. $15 Millionen garantierte man beim $10k Main Event – mehr als $29 Millionen landeten im Pot.
Die Turnierpläne für 2023 sind schon gut gefüllt, aber es fehlen auch noch viele Events, da viele Casinos keine Jahrespläne veröffentlichen. Der Trend zu noch mehr Events hält an – und auch der Trend zu noch mehr Spielern. Der Pokerboom 2.0 kann kommen.