Beides zusammen geht nicht. There is no love in Poker. Keine Gefühle, keine zwischenmenschliche Romantik. Kein Händchenhalten im Mondschein. Lug, Betrug, Tötung.
Dazu ist Poker zu sehr Krieg, zu sehr ein Zusammentreffen von selbstsüchtigen Egomanen, die dich alle nur vernichten wollen. Ja, Poker ist kein Waldorf-Revival-Treffen. Poker ist quasi das Kim Jong Un unter den Kartenspielen. Keine Mutti Theresas an den Tischen; vielmehr ist die Chuck-Norris-Mentalität gefragt. Kolossale Konflikte münden in tödlicher, finaler Auseinandersetzung.
Wir alle müssen Kämpfer sein. In diesen kriegerischen Tagen am Pokertisch. Gefechtsposition eingenommen; bereit zum Gemetzel auf dem Turn.
Wir werden niedergeschlagen, schlagen unsanft am Boden auf. Blut tropft uns von der Stirn, Wir rappeln uns hoch, sind irritiert. Wir haben das nicht erwartet. Es konnte irgendwie kein König auf dem River kommen; die Kriegsstrategie des anderen konnte nicht aufgehen, schließlich waren wir 76,55 Prozent vorne. Keine Kriegslist, sondern ein panzerähnlicher Flip. Zurück bleiben wir, mit klaffenden Wunden und aufgebrachten Gemüt. Jeder Schuss kein Treffer.
Wut funkelt in deinen Augen. Dann schnellst du hoch, schlägst wild um dich, gehst blind all-in, bis die Feinde weichen. Lieber krepieren als kollaborieren. Wir sind die einzigen in unserer Legion.
Schon bald werden wir wieder niedergestreckt. Herzblut überall. Unsere ehemals makellose Schönheit mit Narben übersät. Endlich, zwischendurch, ein marginaler Erfolg, wir landen einen Etappensieg. Doch schon bald fallen wir erneut. Man schlägt uns nieder, tritt mit Füßen oder dem bessern Two Pair auf uns ein. Wir wimmern in unserem Blut und posten es voller Hass und Selbstmitleid auf Facebook.
Wir stehen nicht auf, wir bleiben liegen und unsere Tränen zersprenkeln auf dem Boden. Dem Boden der Tatsachen. Doch wir akzeptieren das nicht, schließlich sind wir die besseren Kriegsherren. Wir leben in dem kriegerischen Glauben, das unsere Angriffstaktik aufgehen wird. Man muss für den Schaden nicht aufkommen, den man anderen bereitet.
Wir lösen die Fesseln, greifen erneut an, nur um wieder zurückgeschlagen zu werden. Wir kauern am Boden, während wir gegen dieses Bedürfnis ankämpfen, unsere Feinde in der nächsten Hand zu erschlagen. Zu schlagen. Der Schrei nach Rache, der Schrei nach Vergeltung wird lauter und lauter. Du willst Gleiches mit Gleichen vergelten. Ja, das ist mein Kampf. Poltical correct ist zwar was anderes, trotzdem …
Poker ist das moderne Schlachtfeld. Laut, anarchisch, eine Hölle. Die Moderne hat viel zerstört. Und wir sind die Feldherren der Moderne. Mit dem untrüglichen Gespür für Ressentiments entdecken wir an unseren Gegnern die benötigten Schwächen, ohne allerdings zu erkennen, das diese auch unsere eigenen sind: ausgeprägte Geltungsbedürfnisse und einen kämpferischen Narzissmus sowie die Sucht nach öffentlicher Anerkennung.
Irgendwann aber vielleicht kommt einmal der Zeitpunkt und wir haben es vielleicht geschafft – und können in Würde Niederschläge wegstecken können. Ja dann können wir uns in die Augen sehen, der andere Krieger und ich. Mein Spiegelbild, der auch einfach nur gewinnen wollte.
Dann aber ist die Bankroll schon lange in deutlichen, nicht mehr zu korrigierendem Minus. Deine Frau hat dich verlassen und die Kinder und den Hamster mitgenommen. Und dir bleibt die Erkenntnis – lieber Liebe als verlorene Coin Flips.
All you need is love. Und Rotwein.