Zwei Querstraßen von seiner Wohnung entfernt sitze ich mit Pius im schönen Wien in einem noch schöneren Heurigen, wie die Einheimischen sagen.
Aus Verneigung vor Pius trinke sogar ich ein Bier. Prost. Seine Weinkenntnisse sind bedingt durch sein jugendliches Alter noch nicht sonderlich ausgeprägt; außerdem bevorzugt er Bier oder True Fruits. Egal, alles außer Kamillentee passt es dann schon.
Pius, lange nicht gesehen und gehört. Wie geht’s Dir?
Danke der Nachfrage Udo. Ich fühle mich sehr gut zur Zeit. Ich bin in meiner Wohnung in Wien und genieße gerade ein paar Tage Auszeit. Die letzten Wochen waren sehr stressig und gefüllt mit Terminen. Leider werden die nächsten Wochen da nicht anders werden, so dass ich etwas Energie tanken musste – abseits von den Tischen.
Kannst Du eigentlich allmählich begreifen, was vor ein paar Monaten in Las Vegas passiert ist?
Ja, ich denke mittlerweile habe ich es weitgehend begriffen. Ich bin nun beinahe jeden Tag beschäftigt und habe mit einem Mal sehr viel Verantwortung für mich und auch generell für Poker bekommen. Das sind alles Früchte des Gewinns der Weltmeisterschaft. Auch wenn es manchmal noch etwas unreal scheint was alles passiert, gewöhne ich mich von Tag zu Tag mehr an die neue Situation.
Wie ordnest Du das alles ein, wie ordnest Du dein Leben? Wie hat sich Dein Leben verändert?
Ich habe ein Management, was mich tatkräftig unterstützt, sowie viele kompetente Leute in meinem Umfeld und Freundeskreis. Unterm Strich bin ich aber für mein Handeln immer noch selbst verantwortlich. Es ist eine wahnsinnige Umstellung über Nacht plötzlich bekannt zu sein und sein eigenes Gesicht in Magazinen, Zeitungen und TV-Shows zu sehen und zudem auch noch in die Rolle des Geschäftsmanns reinzuwachsen. Ich muss sehr viele wichtige Entscheidungen treffen, die sich abseits des Pokertisches auftun und habe Verantwortung. An dieser Stelle versuche ich aber immer die Balance zwischen Arbeit, Poker und Freizeit zu halten und mich nicht verrückt machen zu lassen.
Dein Studium ist erst mal aufgeschoben oder gar schon komplett aufgehoben?
Ich finde es unverantwortlich, sich bei der Lebensplanung nur auf Poker zu verlassen. Ich werde definitiv nicht mein Leben lang pokern – zumindest nicht Vollzeit – sondern möchte mich auch in anderen Geschäftszweigen bewegen. Das ist an dieser Stelle auch noch mal ein Rat an alle Nachwuchspokerspieler die mich zum Vorbild nehmen, sich nie von einer klassischen Ausbildung oder dem Studium abbringen zu lassen. Selbst wenn ich in meinem Fall ausgesorgt habe, werde ich in spätestens 3-5 Jahren mein Studium wieder aufnehmen und definitiv meinen Abschluss durchziehen. Pokern werde ich aber sicherlich nie ganz aufgeben können und hoffe auch dann noch im Dienst von PokerStars zu sein.
Du hast gerade eine Firma gegründet und suchst über Facebook dafür Personal. Was genau ist der Firmenzweck?
Meine Firma kümmert sich in der ersten Linie um die Vermarktung meiner Person. Hier wird in Zukunft einiges kommen, was Merchandise, Werbekooperationen, Koordinierung von Auftritten uvm. betrifft. Wir suchen hier gerade einen Praktikanten (m/w), der Interesse hat Einblicke in die Welt von mir zu bekommen und hier zudem unterstützende Arbeit dem restlichen Team gegenüber zu leisten. Wir haben bereits viele Bewerbungen, werden aber in Zukunft mit diesem Thema unterm Radar fliegen.
Wo, was, warum machst Du in 5 Jahren?
Ich hoffe ich habe mein Studium wieder voll aufgegriffen und kann mich darauf konzentrieren. Pokern werde ich sicherlich auch immer wieder mal und sehe mich dann auch immer noch als aktiver Spieler und vor allem Botschafter des Pokersports.
Was machst Du in 10 Jahren?
Ach Udo, ich bin froh, wenn ich weiß wo ich in zwei Wochen bin. Führen wir das Interview einfach noch mal in ein paar Jahren, dann weiß ich sicherlich mehr. Nein im Ernst, ich bin mir bei dieser Zeitspanne noch zu unsicher eine Prognose abgeben zu können. Sicherlich wirst du mich aber in 10 Jahren noch das Main Event und mal eine EPT spielen sehen.
Einige Events mit Dir haben wir ja schon nach Deinem Titel gesehen. Wie spielen eigentlich die Leute gegen Dich, wenn sie Dich am Tisch haben? Sind die total eingeschüchtert, oder wollen die beweisen, dass Du auch nur ein Fisch bist?
Die Spieler kennen meine aggressive Spielweise und wissen diese besser einzuschätzen. Das war vorher einfacher. Ansonsten spürt man natürlich eine gewisse Form von Respekt was aber eigentlich nichts heißt, denn am Tisch ist jeder allein und da zählen Skills, die gezeigt werden müssen.
Du Pokerpapst. Das war ja mein Titel, bevor die Bild Zeitung ihn mir weggenommen hat. Mein Anwälte prüfen gerade eine Klage gegen die Bild. Du hast damit nichts zu tun, es kann nur sein, dass Du den Titel bald nicht mehr tragen darfst.
Ich bin eigentlich ein Mensch, der ungern in der Öffentlichkeit steht, sodass ich den Titel bereit wäre wieder abzugeben. Aber das sollen deine Anwälte entscheiden. (lacht)
Auf welchen Events sehen wir Dich demnächst? Welche Turniere sind auf Deiner Agenda?
Ich bin unter Garantie bei der EPT in Berlin und Monte Carlo. Bei der WSOP werde ich auch einige Turniere spielen. Alles andere steht noch in den Sternen und entscheidet sich meistens spontan.
Persönliche Anmerkung des Autors:
Ich werde es dieses Jahr versuchen, Pius Heinz nachzueifern. Ich werde nach Las Vegas fliegen und die WSOP spielen. Qualifizieren werde ich mich dafür hoffentlich beim betsson-CCC-Live-Event am 2. Juni in Kufstein. Wäre doch gelacht, wenn der alte Mann nicht auch so ein Armband mit nach Hause bringt.