Kurz vor der WSOP hatten wir Euch mit Venetian, Caesars Palace, Golden Nugget und Binions einige Turnieralternativen zur WSOP vorgestellt. Natürlich haben wir einige dieser Alternativen dann auch vor Ort getestet bzw. mit den Teilnehmern gesprochen.
Geht man rein nach den Strukturen, so war ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen den beiden großen Kontrahenten Venetian und Caesars Palace zu erwarten. Hatte letztes Jahr dabei das Caesars noch die Nase vorne, deutete alles darauf hin, dass das Venetian 2009 der Sieger sein würde.
Aber kaum jemand hatte wohl erwartet, dass das Venetian mit solchem Vorsprung über die Ziellinie gehen sollte. Deutlich über 700 Teilnehmer bei den $330 Turnieren und ca. 500 – 600 bei den $550 Turnieren sind angesichts der Wirtschaftskrise (die auch an Las Vegas nicht spurlos vorbeigeht) ein mehr als eindrucksvolles Ergebnis.
Und man zeigte sich im Venetian auch entsprechend vorbereitet. Mehr als genug Tische die außerhalb des eigentlichen Pokerraums aufgebaut waren sorgten dafür, dass es keine „Alternates“ gab. Die Anmeldung war jeweils bereits ab 21 Uhr am Vorabend möglich – aber wie Pokerspieler nun einmal so sind meldeten sich die meisten dann doch erst kurz vor dem Turnier an. Aber auch hier wurde schnell gearbeitet und die Schlangen blieben im erträglichen Rahmen. Probleme wie z.B. ein defekter Autoshuffler wurden schnell bereinigt: Wechsel zu einem freien Tisch im Pokerraum und dann wurde dieser Tisch einfach als erster in die „Break-Reihenfolge“ aufgenommen.
Allerdings ließ die Anzahl und Größe der Anzeigemonitore etwas zu wünschen übrig. An manchen Positionen musste man aufstehen um die doch recht kleine Schrift der verbliebenen Spieler und anderer zusätzlicher Informationen lesen zu können. Etwas unfreundlich auch der auf einem Podest aufgebaute Finaltisch der es Zuschauern unmöglich machte die Action dort zu verfolgen. Der in meinem Augen größte Kritikpunkt gilt allerdings der Auszahlungsstruktur. Auszahlungen von über $60.000 für den ersten Platz lassen sich natürlich sehr gut vermarkten. Wenn allerdings nur etwas weniger als 10% des Feldes im Geld landen und es dann im $330 Turnier für die ersten bezahlten Plätze gerade mal $470 gibt ist das für mehr als 12 Stunden Poker doch etwas mager.
Während sich im Venetian die Spieler auf die Füße traten mutierte die Mega-Stack Serie für das Caesars zum Desaster. Auslöser war offensichtlich der Main-Event Seat für den Sieger und die damit verbundene Kürzung des Preispools um eben diese $10.000. Daher erzielten die kleineren Events gerade einmal Felder von knapp 200 Teilnehmern. Ganz schlimm wurde es dann bei den höheren Buy-Ins. Hier gibt es Berichte das sich z.B. bei einem Event zum Spielstart gerade einmal neun(!) Spieler eingekauft hatten. Bis zum Ende der Buy-In Phase waren es dann 12.
Das war wohl auch der Moment in dem das Caesars die Notbremse gezogen hatte und einschneidende Veränderungen vornahm. Der Main-Event Seat fiel weg und der Preispool wurde nun vollkommen in Bargeld ausgezahlt. Alle höherpreisigen Buy-Ins wurden gecancelt und alle Events der Serie haben nun ein Buy-In von $330. Außerdem wurde die Struktur in den Anfangsbereichen an das Venetian angepasst (allerdings ein 25/50 Level am Anfang hinzugefügt). Leider hatten diese Maßnahmen zumindest vier Tage nachdem sie eingeführt und in den meisten Foren bekannt gemacht wurden noch relativ wenig Wirkung. Das Event in dem ich am letzten Freitag mitgespielt habe brachte es auf gerade einmal 154 Teilnehmer.
Auch wenn diese Zahlen für das Caesars in Blick auf die Konkurrenz ein Desaster darstellen, aus Teilnehmersicht sind sie gar nicht mal so übel. Ich persönlich habe es genossen bei einem Turnier einmal nicht mit einem „Monsterfeld“ konfrontiert zu sein. Und ein Preisgeld von über $9.000 für den Sieger stand auch in guter Relation zum $330 Buy-In. Darüber hinaus wurden hier 18 Plätze bezahlt und knapp über $700 für die ersten bezahlten Plätze sind ebenfalls ein ordentlicher Return-on-Investment. Als kleines „Goodie“ bekam man hier übrigens den $10 Dinner-Gutschein gleich mit der Anmeldung, während es diesen im Venetian nur für diejenigen gab, die den Dinnerbreak erreichten (2008 war es genau umgekehrt).
Das Marketing-Desaster war aber geschehen und ist nun erst einmal schwer zu bereinigen. Darüber hinaus bleibt die Tatsache, dass die Mega-Stacks zwar nun wieder am Anfang der Turnierphase deutlich besser sind – aber in den späten Phasen (nach ca. 6h Spielzeit) das Venetian weiterhin deutlich die Führung übernimmt. Bleibt zu hoffen, dass die getroffenen Anpassungen trotzdem ausreichen um den langfristigen Imageschaden so gering wie möglich zu halten. Denn eines ist sicher: Die Mega-Stacks sind sehr schöne Turniere in einem der schönsten Pokerräume von Las Vegas.
Über das Golden Nugget kann ich leider nur aus verlässlichen Berichten Anderer erzählen. Denn die Horror-Meldungen genau diese Teilnehmer haben mich am Ende von einer Teilnahme abgehalten. Zum einen ist der Turnierraum des Golden Nugget wohl explizit für Eskimos hergerichtet worden. Das es überall innerhalb der Casinos in Las Vegas zu kalt ist ist ja nichts neues – aber hier wurde ganz offensichtlich die Schmerzgrenze überschritten.
Gravierender allerdings die schlechte Qualität der Dealer und der Turnierleitung gleichermaßen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Als ein Dealer mit der River-Karte einen Straight auf dem Board vervollständigt ruft er aus „Ich habe eine Straße“ obwohl sich noch Spieler in der Hand befanden. Für ein Homegame vielleicht ganz witzig. In einem Turnier in dem es um viel Geld geht ein absolutes No-Go! Aber solche und andere Vorgänge interessierten die Turnierleitung relativ wenig. Auch sonst hatte man wohl geringes Interesse an dem Turnier. So wurde die Zahl der verbliebenen Spieler nur unregelmäßig (und meist erst auf Nachfrage) angepasst und die Preispoolberechnungen waren auch etwas dubios (zumal nirgendwo die Gebühr publik gemacht wurde). In diversen Foren (vor allem bei 2+2) finden sich noch weitere unbestätigte Berichte über katastrophale Dealerfehler und Floorentscheidungen.
Vom Binions konnte ich leider weder persönliche Erfahrungen noch Berichte von anderer Seite einholen so dass ich Euch hier weitere Informationen schuldig bleiben muss.
Am Ende noch ein kurzer Blick auf die übrige Turnierszene in Las Vegas. Hier ergibt sich ein sehr enttäuschendes Bild. In den Buy-Ins unter $100 finden sich nicht nur nur extrem schlechte Strukturen sondern auch Gebühren die absolut unangemessen sind. Im allgemeinen muss man hier mit mindestens 20 – 35% rechnen!
Besonders enttäuscht war ich hier vom Planet Hollywood. Denn das PH stach in diese Hinsicht lange aus der Masse hervor. Leider hat man nicht nur den wunderschönen Pokerraum verlegt. Dieser befindet sich nun lieblos zwischen diversen Slotmachines eingezwengt. Auch die Turnierstrukturen wurden auf den schlechten Las Vegas Standard heruntergezogen.
Gute Turnierstrukturen im unteren Bereich ($60) gibt es allerdings noch im Hard Rock Casino. Aber auch dieses Turnier hat zwei Nachteile: Zum einen sollte man laute Musik mögen (aber so ist das im Hard Rock Casino halt), zum anderen sollte man dort ein paar Stunden Cashgame gespielt haben. Denn zusätzlich zu den 6.000 Startchips gibt es dort pro Stunde Cashgame 500 Chips (bis zu maximal 2.000).
Das Fazit: Für den ernsthaften Turnierspieler ist Las Vegas für die regulären Turniere sicher keine Reise wert. Denn vergleichbare oder bessere Strukturen finden sich überall dort, wo man Casinos oder Cardrooms in den USA findet (wie z.B. auch in Los Angeles). Der Cashgamer hat natürlich immer eine große Auswahl an Optionen und hier hat sich auch wieder das MGM Grand als eine der besten Touristenfallen gezeigt. Aber auch die meisten anderen Strip Casinos dürften diesbezüglich ganzjährig profitabel sein.
Glücklicherweise gibt es die besonderen Pokerevents aber nicht nur zur WSOP. Das Venetian hat z.B. seinen gesamten Plan für die Deep-Stack Extravaganza Serie im Jahr 2009 bereits auf seiner Webseite veröffentlicht. Und „zufälligerweise“ fällt eine der DSE Serien genau in den Zeitraum in der der Finaltisch des WSOP Main-Events gespielt wird. Wer sich also dieses Ereignis (im Penn & Teller Theater des Rio) nicht entgehen lassen und gleichzeitig an schönen Pokerturnieren teilnehmen möchte, sollte sich schon mal den November vormerken.