Kolumnen

Ich bin in Wien

Ich kann heute nichts schreiben. Ich kann heute keine Kolumne abliefern. Ich muss jetzt gleich nach Baden und mich für die GSOP anmelden. Dann muss ich mit Rosi einen Kaffee trinken, und mich von der Chefin wieder ob meiner schlechten Kolumnen der letzten fünf Wochen beschimpfen lassen. Nicht ganz zu Unrecht.

Dann muss ich mit dem Lamatsch ein Glas Kamillentee trinken. Dann habe ich einen Termin mit Pius Heinz; dann muss ich dringend schauen, ob ich Gaby, die hübscheste aller Dealerinnen sehe. Sie würde mich so gerne einmal kennenlernen. Dann habe ich ein Meeting mit meinem Sponsor, die Pressearbeit absprechen. Dann wollte ich er erst noch die Interviews im Playboy lesen, meine Frau anrufen und mit dem Hotelpersonal und meinem Management die Rotwein-Bestückung meiner Suite durchgehen.

Dann ruft ein Schnitzel mit Vogerlsalat. Auch muss ich dann noch Wasser an meinen wohlgeformten Körper lassen und schauen, dass ich sorgsam frisiert bin. Dann habe ich einen Maniküre-Termin. Und ich wollte noch ins Museum für japanische Kunst, dort ist aktuell eine hochinteressante Ausstellung zu bäuerlicher Ikebana-Kunst des späten 14. Jahrhunderts.
Dann muss ich mich mental auf die zu spielenden zweieinhalb Level vorbereiten. Obwohl – das ist im Prinzip nicht nötig.

Nein, ich kann heute nichts schreiben. Dabei hätte ich Euch gerne eine Hand analysiert. Ich saß im Cut Off minus 3 und mache einen Minraise mit Queen Jack off. Jetzt schon war klar, dass ich den Combidraw am Flop auch gegen eine 4-Bet nicht folden kann, weil ich extrem viele Hände blocke. Vor allem gegen den Button. Auf den habe ich eine gute Edge. Außerdem ist meine Varianz gerade nicht wirklich schlecht, auch wenn der Shove des Big Blinds natürlich Sinn macht. Und ich setminde any Two Pair. Mucken ist keine Option. Zu tight ist auch keine Lösung.

Nein, ich kann heute keine Kolumne abliefern. Ich bitte um Euer Verständnis. Es geht einfach nicht. Man muss auch mal Prioritäten setzen. Ich bitte vielmals um Euer Verständnis. Danke. Und liebe Grüße aus Wien. Beziehungsweise aus Baden. Da fahr ich jetzt gleich mit nem Taxerl oder nem Busserl hin – wie die Einheimischen zu sagen pflegen.

Eine Anmerkung in persönlicher Sache: Auch ich stehe mittlerweile unter Plagiatsverdacht. Ich sehe dem Verfahren aber entspannt entgegen und werde alle Anschuldigen widerlegen können. Und nein, ich trete nicht zurück. Denn erst komme ich, dann das Land und dann erst Poker.

gartenbach_flug


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
5 Comments
Inline Feedbacks
View all comments