Kolumnen

Sebastian Ruthenberg im großen Pokerfirma-Interview

Ruthenberg und Werthan sitzen im Gastgarten vor dem Hyatt, Berlin, 25. April 2013

Werthan: Die Leute sagen, du hättest eine Ausbildung zum Koch gemacht.

Ruthenberg: Ja, das war schon mehr als nur kochen. Das war ein Mix aus Restaurantmanagement und Kochlehre. Das heißt neun Monate in einem Studium am Cesar Ritz Colleges Culinary Institue in Luzern und dann anschließend ein halbes Jahr Praktikum.

Werthan: Warum?

Ruthenberg: Weil ich in den letzten zwei Jahren eine leichte Leere in mir hatte und ich mich entschieden habe, neben dem Pokern noch etwas anderes zu machen. Man sieht das manchmal an den Mixed Martial Arts Kämpfern, die neun Jahre mega auf die Fresse hauen und dann einfach nicht mehr fit sind. Ich hab an mir gemerkt, dass ich nicht unbedingt mehr auf dem Level bin wie Phil oder ein Reinkemeier. Ich hab an mir bemerkt, dass mich das Spiel alleine nicht mehr glücklich macht.

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Werthan: Warum dann ausgerechnet… ?

Phil Gruissem (kommt gerade zum Tisch): Na, weil er gut kochen kann, ganz einfach. Man tut, was man kann.

Werthan: Phil, hat er schon mal gekocht für dich?

Phil: Ja, wir haben ja zusammen gewohnt und Seb hat dann immer für mich gekocht, wenn ich am Rechner saß und zockte. Das war der einzige Höhepunkt in diesen harten Zeiten.

Werthan: Wann war das?

Phil: Vor drei Jahren in London. Das war echt Michelin-Sterne-Essen.

Werthan: Was gab’s da?

Phil: Alles mögliche, aber alles relativ gesund. Ente war eine seiner Spezialitäten und Tom Ka Gai Suppe. Da habe dann auch meine Ernährung ein bisschen umgestellt und bin fitter geworden.

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Werthan: Ist das so ein Punkt, dass kreative Menschen irgendwann anfangen zu kochen? Ich glaube, Rossini war zuerst Komponist und dann Koch.

Ruthenberg: Ich glaube nicht, dass ich so kreativ bin. Ich denke, ich bin einer, der mit viel Arbeit etwas erreicht. Ich bin kein „Natural“ im Kochen. Meine Mitstudenten haben manche Dinge leichter aufgenommen. Ich machte das mit harter Arbeit wieder wett und überholte sie am Schluss auch noch.

Werthan: Ich habe gehört, dass die EPT Berlin das vorletzte Turnier war, dass du spielen möchtest….

Ruthenberg: EPTs sind ja generell nie langweilig, aber ich glaube nicht, dass in nächster Zeit soviel Zeit dafür haben werde. Ich muss mich entscheiden, was mir wichtiger ist.

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Werthan: Verständlich. Was bliebe nach Poker?

Ruthenberg: Mein aktueller Plan ist es, mit einigen Pokerspielern nach Vietnam…

Werthan: …wer ist da alles dabei?

Ruthenberg: …Nasr El Nasr, Niklas Heinecker und Cort Kibler-Melby. Wir möchten Ende nächsten Jahres nach Vietnam und auf der Insel Phu Quoc eine Strandbar mit Essen aufmachen. Unser Leben: Mittags Poker, abends eine Bar führen.
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Werthan: War das dein Lebenstraum?

Ruthenberg: Nein, das nicht. Ich hatte auch nie einen Lebenstraum in dem Sinne. Aber das ist jetzt ein Wunsch, der in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung für mich bekam.

Werthan: Wie viele Jahre bist du jetzt schon dabei?

Ruthenberg: Neun Jahre. Und ich hab in diesen neun Jahren immer das Maximum an Stunden reingesteckt, bis zum Jahr 2011. Nach acht oder neun Jahren merkte ich plötzlich, wie einseitig vieles wurde. Mir hat die Abwechslung gefehlt.

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Werthan: Wenn du jetzt zurückblickst, wie würdest du die neun Jahre zusammenfassen?

Ruthenberg: Erst einmal bin ich sehr dankbar, dass mir das Pokern eine gewisse Freiheit in meinem Leben ermöglicht hat. Ich habe durch meine eher ungewollte IT-Ausbildung bei der Hypovereinsbank auch die andere Seite kennengelernt und kann die Möglichkeiten in meinem Leben wohl dadurch umso mehr wertschätzen. Ich habe in den letzten Jahren viele interessante Menschen kennengelernt, mit denen ich mich durch immer neuen Input weiterentwickelt habe. Durch meine Ambassador-Tätigkeit für PokerStars konnte ich auch eine gewisse Sicherheit genießen und musste mir zumindest weniger Sorgen machen als andere Spieler. Ich bin immer noch sehr froh mit PokerStars zusammenarbeiten zu können. Dafür und vieles mehr bin ich meinen Freunden, der Familie und alle die mich unterstützt haben sehr dankbar.

Werthan: Und sportlich?

Ruthenberg: Über meinen sportlichen Erfolg kann ich mich wohl wirklich nicht beschweren, aber wenn ich ehrlich bin, waren mir die Titel an sich egal. Die größere Freude kam dann eher durch die finanziellen Sprünge. Aber vielleicht kann ich mich an den Trophäen etwas mehr erfreuen, wenn ich älter bin.

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Werthan: Was würdest du heute anders machen?

Ruthenberg: Dass ich in meinem Leben etwas mehr Ausgleich habe. Ich hatte nur Poker und nichts anderes. Als ich zum Beispiel mit Sport anfing, merkte ich, wie wichtig Ausgleich zu Poker ist.

Werthan: Ist es wichtig für gutes Spiel, dass man einen Ausgleich hat?

Ruthenberg: Es macht Sinn, wenn man Ausgleich hat. Man merkt das an Leuten wie Phil, Reinkemeier oder Fabian Quoss, die sehr auf ihre Ernährung achten. Gesundes Essen, Sport und Meditation, nur damit sie am Tisch noch fokussierter sind.

Werthan: Apropos Ausgleich zum Stress. Werden wir dich nochmal auf der WSOP spielen sehen?

Ruthenberg: Trotz allem, ist das nicht so abwegig. Ich werde wahrscheinlich dieses Jahr mit den Jungs nach Las Vegas fahren und ich mache ihnen den Private-Chef-Cook und wenn ich Zeit habe spiele nebenbei im 50k mit.

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Werthan: Für wen kochst du in Vegas?

Ruthenberg: Phil Gruissem, Tobias Reinkemeier, Igor Kurganov, Fabian Quoss…

Werthan: Und was wird es geben?

Ruthenberg: Das weiß ich noch nicht – muss ich mir noch überlegen. Auf jeden Fall gesundes Essen, keine Nudeln und bei Whole-Food (Bio-Supermarkt, Anm.d.R.) einkaufen.

Werthan: Welchen Wein empfiehlst du?

Ruthenberg: Einen 82er Rustenberg, aber den bringst du mit.

Werthan: Gut

Ruthenberg: Gut

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Ruthenberg
www.ritz.edu
www.wholefoodsmarket.com
http://www.rustenberg.co.za/


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