Wieder einmal auf der Piste. Immer den besten Cashgames hinterher reisen wie in meinen alten Tagen. Diesmal führte mich meine Expedition auf das luftige Dach des Le Meridien Monte Carlo. Irgendwo musste sie sein, die Partie, für die kein Aufwand zu groß und kein Weg zu weit war.
Alles was ich wusste, war die Zimmernummer und das Stockwerk – 1202, 12. Stock. Zu dumm, dass das Hotel zwar schön, aber nur elfstöckig zu sein schien. Nur aufgeben gibt es nicht für einen richtigen Zocker und so machte ich mich auf die Suche nach einem Fenster, einer Balkontür oder zumindest dem vertrauten Geräusch von klappernden Jetons.
Gestartet hatte ich die Reise in Österreich. Quer durchs Land mit kleinem Zwischenstopp in Velden. Vier Pokertische und ich als einziger Spieler, umgekehrt proportional hätte eine Partie daraus werden können. Dann weiter nach San Remo in der Hoffnung auf mehr Action. Was ich dort erleben musste, habe ich teilweise schon verdrängt. Vielleicht brauche ich da auch noch professionelle Hilfe. Sicher mit Abstand das übelste und schlimmste Casino meiner Karriere. Langes Anstehen und wieder weiter zum nächsten Check. Auf dem Weg dorthin regierte Faustrecht vor Fairness. Kein Floorman, niemand von der Organisation war da. Die anderen Spieler nutzten das, um wieder Absperrungen zu überklettern oder sonst was Vorteilhaftes, aber Unsportliches zu tun.
Wer brav wartete wie ich, bekam dann fürs Cashgame eine Nummer 67 und mit Glück durfte man vielleicht fünf Stunden später endlich Platz nehmen. Das Personal sprach meist nur italienisch, war ahnungslos und arrogant. 5% Rake mit € 100 Maximum. Bei 20/40 NHL und der lockeren Spielweise also praktisch in jedem Pot maximales Rake für minimales Knowhow.
Gut, dass ein paar Schweden eine private Omaha-Partie am Laufen hielten. Essen, Trinken und Benutzung der Suite frei. Dafür angemessenes Rake mit Maximum € 50. Große Pots, viel Action und entsprechend Spass. Neben mir ein Schwede, der keine Deutschen mochte, mich aber schon, weil er mich für einen Österreicher hielt. Als Vorbild gab er ungefragt Arnold Schwarzenegger an und stellt mir als Belohnung für mein Pokerface seine Freundin vor. Halb Schwedin und halb Irakerin und nach meinem Ermessen ganz sicher das nächste Bond-Girl.
Überhaupt muss ich mein ethnisches Ranking neu überdenken. Aber jetzt führe ich Schweden-Irak auf Platz Eins der hübschesten Frau. Auf Platz Zwei abgerutscht damit Ukraine-Ukraine und immer noch am Treppchen Ukraine-Rest der Welt. Als Johannes Strassmann den schon leicht angeheiterten Schweden – Schätzungen reichen von 2,5-3,0 Promille – nach seiner Heimatstadt fragte, antwortete dieser: „Göteborg – nice City. Many beautiful Girls. Very beautiful but stupid“.
Ich wollte natürlich sofort wissen, was Schweden-Irak dazu denkt. Bekam ein entzückendes Lächeln und nach keiner kurzen Pause ein strahlendes „Nothing“ als Antwort. Quod erat demonstrandum fiel mir da aus meiner Schulzeit ein – dabei hatte ich gar kein Schwedisch als Wahlfach.
Wenig später in einem Monsterpot halte ich die Asse und mein neuer schwedischer Freund geht am Flop rainbow A-10-4 all in mit A-Q-7-6 und den Worten „drawing dead“. Gewinnt aber den Pot trotzdem und ich beneide ihn nicht nur deswegen.
Nach San Remo weiter auf der Autobahn in Richtung Monte Carlo. Wie ein Tier der lebensspendenden Quelle folgt, suche ich Anschluss ans schwedische Geld. Auf einem Zettel hatte ich besagte Zimmernummer und Stockwerk notiert und nach ein paar aufgeregten Telefonanrufen vom windigen Hoteldach löste ich das Geheimnis des scheinbar verloren gegangenen Stockwerks. Sehr spannend und wirklich fast wie aus einem Agentenfilm. Mit dem Lift in den 11.Stock, dann zu einer bestimmten geheimen Türnummer, hinter der sich wieder ein weiterer Lift befand, mit dem man dann den einen Stock zu einer großartigen Suite diskret zurücklegen konnte.
Alles vom Feinsten. Spesen sind fair. Die Dealerinnen hübsch, die Aussicht fantastisch. Gespielt wird 20/20 Omaha PL. Das erste Live-Straddle ist im moralischen Sinne von Start weg verpflichtend. Im Laufe der Nacht wird diese Pflicht immer mehr erweitert und man muss schon eine gute Ausrede haben, um sich vor dem Button-Straddle von € 640 zu drücken.
Wer Hunger hat, bestellt sich etwas beim Zimmerservice. Diesmal gibt es allerdings nicht wie in San Remo Vollpension für die Spieler, sondern man bezahlt sich seine Burger selbst. Weiß nicht genau, was der Grund dafür ist, vielleicht kalkulieren die schwedischen Veranstalter so knapp. Zum Beispiel in San Remo kostete der einfach Burger € 26, in Monte Carlo muss man dafür € 27 bezahlen. Sparsame könnte es auch mit einem einfachen Sandwich zu € 16 versuchen, dieser wird allerdings halb tiefgekühlt serviert im Gegensatz zum Burger, den man mit einigem Glück (und ohne Mehrkosten) auf Zimmertemperatur erhitzt bekommt.
Vielleicht überlegt ja der eine oder andere Leser von Pokerfirma.de sich selbstständig zu machen. Ich würde das eventuell auch finanziell unterstützen. Anschaffen müsste man lediglich einen kleinen Grill und die entsprechenden Nahrungsmittel. Ich habe da am Dach des Le Meridien Monte Carlo ein wunderbares windstilles Plätzchen entdeckt. Heiße Burger frisch zubereitet zum Kampfpreis von € 25,99 müssten gehen wie Hölle. Interessenten wenden sich bitte an die Redaktion mit Lebenslauf und finanziellen Vorstellungen. Wir kommen da ganz sicher ins Geschäft. – Guten Appetit.