Kolumnen

Übersinnlich. Immer mehr Pokerspieler glauben an Magie und Esoterik

Es ist nicht schmeichelhaft, als Ziege bezeichnet zu werden. Oder als Schaf. In der Parapsychologie gibt es jedoch nur die Wahl zwischen diesen beiden Tieren. Ziegen nennt man die Skeptiker, die die Existenz von Paranormalem und Übersinnlichem grundsätzlich in Frage stellen. Die Gläubigen hingegen werden als Schafe bezeichnet. Und immer mehr Fische werden zu Schafen. Es ist eine gute Zeit für Schafe. Irgendwie.

Nico Rosberg_Mix_Z4J0113Die Esoterik-Branche macht alleine nach vorsichtigen Schätzungen in Deutschland mehr als neun Milliarden Euro Umsatz. Immer mehr Menschen wenden sich okkulten Belangen zu, weil sie die wirkliche Welt als kompliziert, kalt und langweilig empfinden. Pokerspieler sind hier natürlich keine Ausnahme. Immer mehr Kartenfetischisten gehen zu Wahrsagern, Schamanen, Geistheilern und lassen sich ihre Phobie vor dem River spirituistisch behandeln. Besonders gefragt sind Pendel, Astrologie und sonstige Orakelpraktiken. Lediglich Tarotkartenlegen kommt bei Pokerspielern nicht sonderlich gut an; weil sie permanent „Fold“ oder „Call“ rufen.

Es wurden schon Pokerspieler gesehen, die nur bei Vollmond Multitable-Turniere spielen oder während der Cashgame-Session eine Stunde Yoga machen. Besonders stark im Kommen ist Daruma; ein Wunschbrauch der Japaner. Kleinen, roten Männchen aus Pappmaché werden Augen in das Gesicht gemalt, dann werden sie verbrannt. Dabei kann sich der Wunschhungrige den nächsten Flop ausdenken.

Desweiteren bieten vor vielen Casinos, vor allem in Österreich, immer mehr Engeldolmetscher ihre Dienste an. Sie behaupten, der Sprache der Lichtgestalten mächtig zu sein und nehmen über diese auf direktem Weg Kontakt mit dem Dealer auf und lassen ihn entsprechend der Wünsche der zahlenden Kundschaft die richtigen Flops legen. Ehrlich, das funktioniert.

Ja, das ist Lebens- und vor allem Pokerhilfe vom Kosmos. Auch wenn viele der geneigten Leser nicht an übersinnliche Phänomene glauben wollen oder können, so ist es doch eine immer grösser werdende Hilfe für viele, viele Spieler. Eine gewisse ausgeprägte intuitive Begabung gehört natürlich dazu ebenso wie natürlich der feste Wille, auch einmal länger als nur bis Level 5 im Turnier zu sitzen.

Für Fortgeschrittene und Willensstarke, die sogar einmal einen Final Table erreichen möchten, empfiehlt sich besonders ein nächtliches Herumtanzen um den Gollenstein. Ein 4000 Jahre alter und 60 Meter hoher Stein, der seltsam verloren auf dem einzigen unbewaldeten Berg bei Blieskastel im Saarland steht. Alternativ kann man auch an einer Laterne tanzen; allerdings nur, wenn diese in Monte Carlo und rechts von der Mitte der Straße steht.

Aber auch I-Ging hilft. Und natürlich Feng Shui. Und eine Flasche Rotwein kann auch nie schaden.

Ich persönlich empfehle das Pendeln. Das Auspendeln der Karten. Bevor man an der Reihe ist, lässt man das Pendel über die Karten der anderen Mitspieler schwingen. Sollte es ausschlagen und sollte man ein leichtes Zittern in der Hand oder der Leistengegend spüren, so ist anzunehmen, dass sich bei diesem Spieler mindestens A K suited befindet.


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