Kolumnen

Voll Bock

Ich habe total viel Lust, mich hinzusetzen und über Poker zu schreiben. Absolut krass voll viel Bock. Noch lieber würde ich jetzt eine Runde spielen. Ich würde jetzt und hier für eine Runde Texas Holdem sogar ein romantisches Diner mit Jennifer Aniston absagen.

Ich hätte jetzt auch total viel Lust, über Preflop Asse nachzudenken und darüber zu schreiben. Ich muss sowieso mehr über mein Spiel nachdenken, damit ich mal so gut wie die anderen Kollegen am Tisch werde. Noch bin ich zu lieb und zu harmlos, aber das ist halt mein Naturell. Ich freu mich auch in meiner unerhörten Großzügigkeit immer so für die anderen, die Runner-Runner treffen und mein Monster kaputt machen. Ich möchte das auch mal können, ich möchte auch endlich einmal „alles richtig machen“. Denn das hat nichts mit Glück, sondern ausschließlich mit Können, Timing und Gefühl zu tun.

Poker ist definitiv nicht, wie uns einige weismachen wollen, ein Glücksspiel. Am Ende des Tages sogar ist es ein gutes Spiel, weil du dich selber, dein Hirn, deinen Charakter einbringen musst. Und es ist ein gutes Spiel, weil du ständig lernen musst, weil du ständig an dir, deinem Wesen und deinem Spiel arbeiten musst. Und das auf eine intensive Art und Weise. Und du lernst Geduld, Demut und Achtung. Achtung vor deinen Gegnern aber auch Achtung vor situativen Gegebenheiten. Keine Hand ist wie die andere, es gibt niemals eine vergleichbare Szenerie wie bei anderen Spielen. Auch das macht Poker einzigartig. Pokern ist kein simples Zocken, kein Haudrauf auf schwarz oder rot. Gerade die Grautöne, die Zwischenstufen sind die entscheidenden Faktoren beim Pokern.

Ja, es ist ein Spiel. Manche sagen, nur ein Spiel. But that’s wrong, Baby – it’s that game. Das einzig wahre Spiel. Und es spiegelt dich wieder. Du vor dem Spiegel. Besser aber als es jeder Spiegel könnte. Ich habe in meinem Umkleidezimmer drei Spiegel, in meinem Badezimmer zwei davon. Richtig erkennen allerdings tue ich mich nur am Pokertisch.

Pokern ist wie Bergsteigen. Endorphine, Hormone und Glücksmomente, die man keinem begreifbar machen kann, der nicht neben dir auf dem Gipfel steht. Pokern ist wie Autorennen. Das Gefühl, unverletzt aus der Karre zu steigen, kannst du niemandem beschreiben, der nicht Beifahrer gewesen ist.

Es gibt nichts Faszinierenderes als ein gelungenes Spiel. Selbst ein mittelmäßiges Spiel ist noch besser als der Durchschnittstag im Durchschnittsleben eines Durchschnittsmenschen. Spielen kann Leben nicht ersetzen, das weiß ich wohl, aber Spielen kann Leben sein. Und Leben kann Spielen sein. It’s more or less the whole life.
Pokern ist so vielfältig wie sonst kaum etwas in diesem Leben. Mal ist es Krieg, mal ist es Poesie. Mal ist es Vernichtung, dann wieder Philosophie. Mal ist es bunt, dann wieder farbenfroher als bunt.

Ja, ich liebe Poker. Und meinen Sarkasmus. Böse Zungen behaupten, das eine bedingt das andere. Und, nein, ich will keinen Applaus. Und jetzt leg ich mich wieder hin. Sollten viele andere auch mal häufiger machen, oder sich ein anderes Hobby suchen. So wie ich. Gute Nacht, Deutschland. Fischt Euch.


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